Handwerkerhaus Nürnberg

Das Anwesen umfasst die beiden Gebäude Schlotfegergasse 5 (erbaut 1445) und Schlotfegergasse 3 (errichtet um 1579 als Scheune), die bereits seit dem frühen 17.Jahrhundert gemeinsam als Mietshäuser genutzt wurden. Die letzte umfassende Sanierung des Baubestandes erfolgte Ende des 19.Jahrhunderts, seitdem wurden lediglich kleinere Umbauten in einzelnen Wohneinheiten vorgenommen. Dementsprechend unterschiedlich war der Zustand der Wohnungen im Jahr 2002, als die Hauseigentümer die Sanierung in Angriff nehmen wollten. Angesichts der gravierenden statischen Mängel war eine Modernisierung ohne vorangehende umfassende Reparatur und konstruktive Ertüchtigung nicht mehr möglich.
Aufgrund der Größe des Gesamtanwesens wurde in einem ersten Bauabschnitt lediglich das Gebäude Schlotfegergasse 5 in Angriff genommen, das sich zum damaligen Zeitpunkt in einem erheblich schlechteren Zustand befand.
Der Bau wurde 1445 als zweigeschossiges Fachwerkgebäude errichtet und 1561 um ein Geschoss aufgestockt. Durch die jahrhundertelange Nutzung als Zinswohnhaus war das Haus, zusammen mit dem Gebäude Schlotfegergasse 3, kleinteilig in mehrere Nutzungseinheiten unterteilt. Weitreichende Umbauten erfuhr das Gebäude nochmals im Jahr 1895 mit dem Ausbau des 1. Dachgeschosses zu Wohnräumen und einer Neugestaltung der Ladenzone im Erdgeschoss.
Nach grundlegender Beseitigung der umfangreichen statischen Mängel und Schäden durch handwerkliche Reparatur konnten die Wohnungen saniert und die haustechnischen Installationen nach modernem Standard mit Zentralheizung etc. erneuert werden. Sämtliche erhaltenen historischen Raumschalen wie Sichtfachwerkwände, Dielenböden und die verschiedenen Deckenkonstruktionen sowie noch vorhandene Ausstattungsteile wie Wandvertäfelungen, Kassettendecken, Türkonstruktionen etc. wurden konserviert und behutsam restauratorisch überarbeitet. So präsentieren sich heute vor allem eine Wohnung im 1.Obergeschoss und die Wohnung des Bauherren im 2.Obergeschoss mit Raumschalen unterschiedlicher Zeitschichten in vorbildlich restauriertem Zustand (siehe Wohnungen).

Das Bauwerk wurde 2007 mit der Denkmalprämierung des Bezirk Mittelfranken ausgezeichnet. 

Zahlen und Fakten

  • Bauvorhaben: Instandsetzung des Wohn- und Geschäftshauses, Schlotfegergasse Nürnberg
  • Bauherr: Privat
  • Projektzeitraum: 06/2002-06/2007
  • Bauzeit: 09/2004-05/2007
  • Bausumme: Angaben auf Anfrage, gefördert u.a. mit Mitteln des Bayerischen Ministeriums für Wissenschft, Forschung und Kunst und der Städtebauförderung
  • Leistungen:  LPH 1-8 nach HOAI
  • Durchführung: bis 04/2005 Giersch und Keim, seit 05/2005 Keim Architekten

Die Fertigstellung 

Die Sanierung 

Die Fassaden
Das äußere Erscheinungsbild des Anwesens erfuhr mit dem umfassenden Umbau des Erdgeschosses und des Ausbaus des 1.Dachgeschosses (mit Errichtung der Zwerchhäuser und der Gauben) im Jahr 1895 eine grundlegende Umgestaltung. Der Bau präsentiert sich auch heute noch in diesem historistischen Gewand. Die historistischen Gauben wurden handwerklich instandgesetzt und restauriert. Die Fensterkonstruktionen wurden nach historischen Vorbildern erneuert. Bei der Abnahme moderner Überputzungen im Erdgeschoss kam der ursprüngliche historische Rustikaputz (siehe Foto unten) wieder zum Vorschein. Die geputzten Quader waren in weiten Teilen vollständig erhalten. Auf Grundlage verschiedener historischer Fotografien und Bauzeichnungen konnte der Rustikaputz wieder ergänzt werden. Die ehemaligen hölzernen Einfassungen der Schaufenster wurden in Anlehnung an die frühere Gestaltung, jedoch in vereinfachten Formen wiederhergestellt. Historisches Foto der nördlichen Schaufensterfront mit der Gestaltung aus dem Jahr 1895, aufgenommen Anfang des 20.Jahrhunderts.

Der Innenhof
Durch den Rückbau eines Nebengebäudes konnte der vorher lediglich 1,5 Meter breite Innenhof aufgeweitet und mit Neubepflanzung aufgewertet werden. So wurde eine erhebliche Verbesserung der Belichtung und der Belüftung der hofseitigen Räume erreicht. Die Wohnungen erhielten einen großzügigen, südseitigen Balkon zum Innenhof, der formal als Altane ausgebildet wurde. Die nach Abbruch des Nebengebäudes freistehende Sandsteinmauer auf der Grundstücksgrenze musste statisch konsolidiert werden. Zu diesem Zweck wurde eine Holzkonstruktion mit massiven erdgeschossigen Pfeilern vorgestellt, die der Aussteifung der Mauerscheibe dient. Diese statisch notwendige Konstruktion wurde überdacht und bietet nun Zugang und Schutz für die in Fragmenten erhaltenen Renaissance-Malereien in der obergeschossigen Mauernische.

Die Wohnungen
Eine Wohnung des 1.Obergeschosses war über 80 Jahre lang kontinuierlich in der Hand einer Mietpartei und so seit fast hundert Jahren nicht wesentlich verändert worden. Durch diese glücklichen Umstände sind hier noch hochwertige historische Bauteile erhalten, die anderswo den häufigen Renovierungen zum Opfer fielen. Insbesondere die Stube ist noch reich ausgestattet mit historischen Wandvertäfelungen, Kassettendecke etc. Die historischen Bauteile wurden behutsam restauratorisch überarbeitet und partiell ergänzt. Die Kassettendecke war durch Auflasten aus der Deckenkonstruktion stark verformt. Sie wurde in weiten Teilen abgenommen, holzrestauratorisch überarbeitet und nach Instandsetzung der Deckenkonstruktion an alter Stelle wieder eingebaut. Der im Gegensatz zur reich ausgestatteten Stube karge Flur mit weiß gekalkten Sichtfachwerkwänden behielt seinen überlieferten Charakter. Die vorhanden Türkonstruktionen aus den unterschiedlichsten Epochen wurden instandgesetzt. Im Schafraum konnte der historische Dielenbelag mit bis zu 60 cm breiten Dielen erhalten werden. Auch hier wurden die Dielen zur statischen Instandsetzung der Deckenkonstruktionen ausgebaut und anschließend exakt an alter Position neu verlegt. Im 2.Obergeschoss sind die Wandstellungen aus der Aufstockung des Gebäudes im 16. Jahrhundert nahezu unverändert erhalten. Hier, in der Wohnung des Bauherren, konnten die historischen Raumschalen in weiten Teilen wieder hergestellt und die zugehörigen Farbgestaltungen wieder aufgenommen werden. Der Bauherr war damit einverstanden, dass die zum Teil sehr niedrigen Türstürze erhalten und wiederhergestellt werden konnten. Die Farbgestaltung erfolgte nach Befund. In der Stube wurden die hohen Fensternischen wieder geöffnet. Die verloren gegangene Wandvertäfelung wurde, nach Vorbild der Wandvertäfelung im 1. OG, in stark vereinfachter Form neu eingebaut. Das hier noch fehlende renaissancezeitliche Türblatt wird derzeit in den Werkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Thierhaupten restauriert.