Handwerkerhaus Schwabach

Im Zuge der Baumaßnahmen kamen bedeutende baugeschichtliche Befunde und Zeugnisse hochwertiger Gestaltungen aus verschiedenen Epochen zum Vorschein. So waren die beiden Stuben im Erd- und Obergeschoss an der Nordostecke ursprünglich nachweislich als Bohlenstuben mit Bohlenwänden und Balken-Bohlen-Decken ausgebildet. In der oberen Stube sind historische Tapezierungen mit schwarz aufgedruckten Liniierungen und floralen Motiven auf einzelnen Papierbögen erhalten. Die südöstliche Kammer im Obergeschoss war in ihrer vierten Fassung mit polychromen, floralen Motiven an Wänden und Decke ausgemalt. Hier finden sich auch, wie in anderen Räumen, erbauungszeitliche Beistrich-Fassungen mit Begleit-Liniierungen.

Diese bedeutenden Befunde wurden aufgrund der Nutzung durch verschiedene Mieter durch Vorschalungen geschützt. Dagegen waren die historischen gotischen und barocken Dielenböden in weiten Teilen in sehr gutem Zustand und konnten als Nutzschicht erhalten und ergänzt werden. Auch sämtliche vorhandenen Türkonstruktionen aus dem 18. und 19. Jahrhundert wurden in situ repariert und lediglich neu gefasst. Nicht zuletzt trägt die Begrünung des Hinterhofes im Süden zur Aufwertung der Wohnqualität, nicht nur für die Bewohner der Friedrichstraße 15 bei. Ein bedeutendes historisches Zeugnis der Schwabacher Hausgeschichte konnte gerettet werden und ein jahrzehntelanger Schandfleck in der Friedrichstraße erstrahlt heute in neuem Glanz.

Zahlen und Fakten

  • Bauvorhaben: Instandsetzung des gotischen Handwerkerhauses, Umbau zu zwei Wohneinheiten, Schwabach
  • Bauherr: Privat
  • Projektzeitraum: 03/2003-12/2004
  • Bauzeit: 10/2003-09/2004
  • Bausumme: Angaben auf Anfrage, gefördert u.a. mit Mitteln der Städtebauförderung
  • Leistungen: LPH 1-8 nach HOAI
  • Durchführung: bis 04/2005 Giersch und Keim, seit 05/2005 Keim Architekten
  • Auszeichnungen: Sonderpreis im Rahmen der Denkmalprämierung des Bezirks Mittelfranken

Die Fertigstellung 

Der Vorzustand

Die Geschichte des Handwerkerhauses

Das Gebäude wurde 1472 als zweigeschossiger, giebelständiger Fachwerkbau in Stockwerksbauweise mit geblatteten Verbindungen errichtet. Das zweigeschossige Kehlbalkendach war im Süden ursprünglich mit einem Halbwalm mit Eulenloch abgewalmt und in Stroh gedeckt. Entlang der Ost- und der Südfassade war eine auskragende, L-förmige Altane angeordnet.

Im 17. Jahrhundert erfolgten größere Umbaumaßnahmen, unter anderem wurde die straßenseitige Nordfassade in Sandstein aufgeführt und ein zweigeschossiger Anbau im Süden errichtet.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurden weitere kleinere Umbauten vorgenommen. Wie durch ein Wunder blieb das Gebäude in der Bombennacht vom 12. auf den 13. Oktober 1941 von Kriegstreffern verschont. Im Zuge des Wiederaufbaus des westlichen Nachbargebäudes nach Kriegsende kam es zur Errichtung des Zwerchhauses im Westen und zur Neugestaltung der Straßenfassade. Zeitgleich erfolgte wohl der Abbruch der erbauungszeitlichen Altane an der Ostfassade.

Seit Mitte der 70er Jahre steht das Gebäude leer und wurde dem Verfall preisgegeben. Bereits 1979 kam es zum Abbruch des Anbaus im Süden und der provisorischen Aufmauerung des südlichen Erdgeschosses in diesem Bereich. Doch noch Ende der 80er Jahre war der Bau in einem relativ guten Zustand. Mehrfach wurde Antrag auf Abbruch des Gebäudes gestellt und negativ beschieden. Durch die jahrzehntelange Einstellung des Bauunterhaltes und absichtliche Vernachlässigung kam es jedoch zu gravierenden Schäden an der Bausubstanz – im Wesentlichen begrenzt auf die Bereiche der undichten Dacheindeckung- und 1999 schließlich zum Teileinsturz des Südgiebels. Erstaunlich ist der ansonsten hervorragende Zustand der gotischen Bausubstanz, mit erhaltenem erbauungszeitlichem Fachwerk bis ins Erdgeschoss.

Im Jahr 2003 konnte eine private Investorin gefunden werden, die sich beispielhaft für den Erhalt des Gebäudes engagierte. Die Sanierung erfolgte in nur 12 Monaten von Oktober 2003 bis September 2004.
Das Baugefüge wurde durch handwerkliche Reparatur statisch instandgesetzt und die Außen- und Innenwände zur Verbesserung der Gründung nachträglich unterfangen. Unter weitgehendem Erhalt der überlieferten Grundrissstruktur entstanden zwei Mietwohnungen, die über einen gemeinsamen Hausflur erschlossen werden. Die obergeschossige Wohnung ist als Maisonette mit raumhaltig ausgebautem Dachgeschoss ausgebildet.

Sämtliche haustechnischen Installationen wurden erneuert. Durch innenseitige Vormauerungen entlang der Außenwände in Verbindung mit der Installation einer Hüllflächentemperierung konnte eine erhebliche Verbesserung der Wärmedämmung und der bauphysikalischen Eigenschaften erzielt werden. Die Errichtung eines Balkons und die Verlängerung des Daches im Süden ermöglichten die sichtige Präsentation des gotischen Fachwerkes bei gleichzeitigem Schutz der erbauungszeitlichen Bausubstanz vor künftigen Witterungseinflüssen. Die Gestaltung der Balkone orientiert sich an historischen Beispielen in der Umgebung.